Aktivitäten
Artenreiches Auengrünland
Einbau von Totholz in Fließgewässer
In Gewässern sind Totholz und Kies wichtige Lebensräume für viele Organismen. Totholz ist keineswegs tot, sondern Grundlage für ein ausgeprägtes Nahrungsnetz. Auf seiner Oberfläche siedeln sich zahlreiche Mikroorganismen, Pilze und Algen an. Diese dienen den Larven vieler Insekten oder anderer Wirbelloser als Nahrungsquelle, welche wiederum die Nahrungsgrundlage für viele Fische darstellen.
Totholz erfüllt als Lebensraum und Kinderstube weitere wichtige ökologische Funktionen für Fische und andere Bewohner von Fließgewässern: Da dieses Substrat den Jungstadien wertvollen Schutz bietet, legen viele Tiere ihre Eier am oder in der Nähe von Totholz ab. Totholzstrukturen erhöhen signifikant die besiedelbare Oberfläche, so dass in Fließgewässern auf Holz und Kies bis zu 60-mal mehr aquatische Wirbellose leben als im sonst degradationsbedingt dominierenden sandigen Sohlsubstrat. Auch für den Strukturreichtum und die eigendynamische Entwicklung von Fließgewässern ist Totholz von elementarer Bedeutung (Abbildung 2). Es dient z.B. als wichtiger Strömungslenker für die Bildung von Sohlenstrukturen. Durch den gezielten Einbau von Totholz am Ufer kann zudem eine übermäßige Erosion verhindert werden (Dickhaut 2005, Fichtner 2016, von Siemens et al. 2009).
Kiesschüttungen, Geschiebezugang
Als Geschiebe wird die Fracht aus Geröll, Kies und Sediment bezeichnet, die ein Fließgewässer natürlicherweise verfrachtet und ablagert. Solche Geschiebe erzeugen Abfolgen von Furten und Kolken (seichte und vertiefte Stellen) und erhöhen dadurch die Tiefenvarianz sowie die Strömungs- und Substratdiversität (Abbildung 3). Durch die erzeugten hohen Turbulenzen entsteht ein hoher Gasaustausch, wodurch sich der Sauerstoffgehalt im Gewässer signifikant erhöht. Diese Mikrohabitate sind wichtige Laichplätze, z.B. für Bachforellen und Lebensräume des Makrozoobenthos. Das natürliche Geschiebe vieler Fließgewässer wird durch den Einbau von Stauwehren unterbrochen. Um dieses Geschiebe zu ersetzen, wird bei der Renaturierung daher gewaschener Flusskies in Fließgewässer eingebracht (Dickhaut 2005, Fichtner 2016).
Totholz in der Aue
Totholz wird von vielen Beobachtern als störendes und unordentliches Landschaftselement gesehen und wird daher in der Regel entfernt. Tatsächlich ist Totholz aber ein wichtiger Lebensraum für viele Pilze, Pflanzen und Tiere (Abbildung 4).
In ursprünglichen Wäldern sind natürlicherweise gewisse Mengen an Totholz vorhanden. Aufgrund des relativ hohen Verhältnisses der Massen von Kohlenstoff zu Stickstoff (C/N) in Totholz erfolgt dessen Abbau durch Mikroorganismen (MO) nur relativ langsam (Parnas 1975). Wie alle Organismen benötigen auch MOs für das Wachstum Stickstoff (N). Die meisten MOs benötigen im Substrat gebundenen Stickstoff, nur wenige können ihn aus der Luft fixieren. Da in Totholz zwar viel Kohlenstoff aber nur relativ wenig Stickstoff vorhanden ist (hohes C/N Verhältnis), kann es je nach Holzart von MOs nur langsam abgebaut werden. Papier oder Cellulose-Taschentücher zeichnen sich durch ein noch viel höheres C/N-Verhältnis aus, wodurch deren Verweildauer in der Natur bei achtlosem Wegwerfen extrem hoch ist (Grünabfälle 7-15 C/N, Buchenholz ca. 51 C/N, Zeitungspapier 400-850 C/N).
Für Insekten ist dieser langsame Abbauprozess aber von Vorteil. So werden Hohlräume im Totholz von vielen Insekten zur Überwinterung genutzt. Viele oberirdisch nistende Wildbienen legen in Totholz Hohlräume für ihre Brutzellen an. Einige Wildbienen wie die Blauschwarze Holzbiene Xylocopa violacea legen ihre Brutzellen in selbstgenagten Gängen an. Andere Wildbienen, wie z.B. die Maskenbiene Hylaeus confusus, nutzen dafür bereits vorhandene Hohlräume. Grundsätzlich erhöht die Häufigkeit von Totholz den Artenreichtum an Wildbienen (Eckerter 2021, Westrich 1991).
Projektevaluation
Die Aktivitäten und Maßnahmen an den Fließgewässern in der Aue und im Auengrünland werden wissenschaftlich begleitet (Abbildungen 5 & 6). Sie werden unter anderem im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten in Kooperation mit der Hochschule Magdeburg-Stendal und der Universität Bayreuth untersucht. Dazu gehören die Erfassung der Ausgangszustände von Gewässern und Aue und der vorhandenen Insektenfauna sowie die Planung von geeigneten Renaturierungsmaßnahmen. Zudem wird die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen, wie z. B. unterschiedliche Bewirtschaftungsmethoden auf dem Auengrünland oder abgeschlossene Fließgewässerrenaturierungen, und deren direkte und langfristige Auswirkungen auf die Insektenfauna untersucht.
Gleichzeitig findet eine sozioökonomische Untersuchung statt, die sich mit der Wahrnehmbarkeit und Akzeptanz von InseGdA in der Öffentlichkeit beschäftigt und der Frage nachgeht, ob möglicherweise das Verständnis für und das Verhalten von handelnden Personen und der Öffentlichkeit zu einem verbesserten Schutz der Artenvielfalt bei Insekten durch die Aktivitäten des Projektes beeinflusst werden.
Gewinnung von gebietsheimischem Saatgut
Im Verlauf unserer Maßnahmen wollen wir artenarme Wiesen oder Ackerlagen in den Auen in artenreiche Wiesen umwandeln. Dazu wollen wir auf geeigneten artenreichen Spenderflächen gebietsheimisches Saatgut sammeln und auf entsprechenden Empfängerflächen ausbringen. Im Vergleich zu kommerziell erhältlichem Regiosaatgut können wir mit dieser Methode die Spenderflächen ganz gezielt auswählen und somit einen idealen Startpunkt für die Etablierung natürlicher Pflanzengesellschaften in unseren Projektgebieten schaffen (Abbildung 7). Durch die Verwendung von gebietsheimischem Saatgut versprechen wir uns auch eine höhere Resilienz der Lebensräume hinsichtlich Stresssituationen wie z.B. extremen Witterungsverhältnissen. Die Auenflächen sollen mit dieser Methode aber nicht „kopiert“ werden, wir wollen damit lediglich die Entwicklung zu einem eigenständigen Lebensraum beschleunigen. Gesammelt wird das Saatgut mithilfe eines Bürstensammlers, der vorne an einen Schlepper angeflanscht wird. Dieser Bürstensammler besteht aus einer rotierenden Bürste im vorderen Bereich und einem dahinterliegenden Sammelkorb. Da die verschiedenen Pflanzenarten natürlich zu unterschiedlichen Jahreszeiten ihre Samenreife erlangen, muss die Spenderfläche mehrmals befahren werden. Zur Lagerung wird das Saatgut anschließend gereinigt und getrocknet. Geeignete Empfängerflächen können dann mit diesem Saatgut aufgewertet werden.
Wasserdetektive: Fließgewässerexkursionen für Grundschulkinder
Die Umweltstation „Ökologische Bildungsstätte Hohenberg“ (ÖBI) führt im Rahmen des Projektes InseGdA, Gewässerexkursionen an die Eger und deren Nebenflüsse durch. Nach einer Vorstellung des Projektes und einer allgemeinen Einführung zum Ökosystem Fließgewässer gehen die kleinen Gewässerforscher in Teams auf Entdeckungsreise. Mit Sieben, Schüsseln und Pinsel ausgerüstet begeben sich die Schüler auf Spurensuche nach kleinen Lebewesen im Bach. Anschließend werden die gefundenen Tierchen mit Hilfe verschiedenen Bestimmungsliteratur und Becherlupen bestimmt und besprochen. Je nach untersuchtem Fließgewässer können u.a. folgende Wasserlebewesen gefunden werden:
Steinfliegenlarven
Köcherfliegenlarven
Eintagsfliegenlarven
Strudelwürmer
Bachflohkrebse
Egel
Wasserasseln und mehr!
Die Wasserlebewesen geben Auskunft über die Qualität des Wassers. Steinfliegenlarven kommen z.B. nur in ganz sauberen und sauerstoffreichen Gewässern vor, Wasserasseln und Egel hingegen auch in schlammigen und sauerstoffärmeren Gewässern. Die Schüler führen eine einfache biologische Gewässerbestimmung anhand eines Gewässergüteprotokolls durch. Abgerundet wird der Exkursionstag durch ein naturpädagogisches Spiel.
Die Exkursionen sind, in Anlehnung an den Lehrplan, für Grundschüler der 4. Klasse vorgesehen. Die Gewässerexkursion findet an einem zur Schule fußläufig erreichbaren Fließgewässer statt und dauert 2-3 Stunden.
Anmeldung direkt bei der Ökologischen Bildungsstätte Hohenberg:
Tel. 09233716055 (vormittags); Email: Susanne.Bosch@oekoburg.de
Hinweis für Lehrer: Wetterfeste Kleidung und Gummistiefel/Wasserschuhe, evtl. Handtuch oder Wechselkleidung mitbringen.